Vom sauren Regen bis zum Friedhofswald
Die diesjährige Forstexkursion mit mehr als 100 Teilnehmern führte heuer nach Niederbayern und Böhmen. Am ersten Tag wurde zunächst der Forstbetrieb Bodenmais der Bayerischen Staatsforsten (BaySF) in Deggendorf besucht. Die BaySF sind mit rund 800.000 ha Wald der größte mitteleuropäische Forstbetrieb. Mit 2.800 Mitarbeitern erwirtschaften diese mit einem jährlichen Einschlag von 5,5 Mio. Festmetern einen Umsatz von 400 bis 500 Mio. Euro. Der Forstbetrieb Bodenmais umfasst 17.000 ha Wald, davon rund 2.000 ha im besuchten Revier Rusel.
Diversifizierung im Klimawandel
Massive Borkenkäferkalamitäten haben im Jahr 2023 zu einen Schadholzanfall im Ausmaß von 60 %des eingeschlagenen Holzes gebracht. Die zunehmend schwierige Holzmarktsituation führt nunmehr zu einer Diversifizierung. Diese umfasst neben den Bereichen erneuerbare Energie (Wind, Wasser) und Fl ä c h e n n u t z u n g sve r t rä ge (Naturschutz-Ausgleichsflächen) neuerdings am Standort Rusel auch den sogenannten „Stillen Wald“. Es ist dies ein Friedhofswald, der dritte seiner Art bei den Bayerischen Staatsforsten. Die Nachfrage nach idyllischen und andächtigen Urnengrabstätten in der Natur ist im Nahbereich der Stadt Deggendorf absolut gegeben. Die Umwandlung des Wirtschaftswaldes in einen Friedhofswald läuft derzeit.
Es bedarf dafür einer Änderung des Flächennutzungsplans. Das bedeutet, dass die Fläche mit einer Größe von 45 ha rechtlich nicht mehr Wald, sondern eine Sondernutzungsfläche darstellt. Es gilt somit nicht mehr das Waldgesetz, sondern das Baurecht. Die zukünftige Bewirtschaftung muss auf komplett neue Beine gestellt werden. So sind Holznutzungen zwischen März und Oktober nicht mehr erlaubt. Aus Verkehrssicherungsgründen muss sämtliches Totholz entfernt werden. Den Besuchern muss eine Befahrung ganzjährlich ermöglicht werden. Dafür wurde ein dichtes Wegenetz durch ein Landschaftsplanungsbüro geplant, welches derzeit umgesetzt wird. Die Umsetzungskosten aller notwendigen Maßnahmen belaufen sich auf eine knappe Million. Euro. Es wird mit Einnahmen von durchschnittlich 0,5 Millionen Euro pro Jahr gerechnet.
Pro Hektar werden etwa 100 Bäume für die künftige Urnenbestattung ausgewählt. Es gibt mehrere Kategorien -Familien-, Single-, Partner-und Gemeinschaftsbäume, Felsen für Familien und Singles sowie Sternschnuppenplätze. Die Andachtsstätte wurde stilvoll aus Lärchenholz in Form eines Laubblattes errichtet. Die offizielle Eröffnung des „Stillen Waldes“ erfolgt im Oktober dieses Jahres.


Rückblick zum großen Waldsterben
Am zweiten Tag wurde der Forstbetrieb Klasterec der tschechischen Staatsforste (Unternehmen Lesy CR mit knapp 1,2 Millionen ha Waldfläche) besichtigt. Es wurden Flächen begangen, welche östlich des Keilbergs im Erzgebirge durch ein großflächiges Waldsterben in den 1980er und 90er Jahren betroffen waren. Im Jahr 1988 war deshalb die Forstexkursion schon einmal hier zu Gast. Die katastrophalen Schäden rührten von einer Immissionskalamität, hervorgerufen durch Säureeintrag aus dem Betrieb großer Braunkohlekraftwerke. Nach dem flächigen Absterben der ca. 45.000 ha großen Fichtenbestände galt es, die Kahlflächen wieder aufzuforsten. Dies geschah mit säuretoleranten Baumarten wie Birke, Lärche und Kiefer, v. a. aber mit Stechfichte. Die Lebensdauer dieser Baumart ist jedoch begrenzt mit ca. 40 Jahren. Sie ist sehr astig, abholzig und leidet zudem an Pilzkrankheiten. Sie wird deshalb entfernt und durch andere Zielbaumarten wie Fichte, Lärche, Ahorn, Buche, Pappel und Vogelbeere ersetzt. Dies ist nur deshalb möglich, da die Braunkohlekraftwerke zur Jahrtausendwende mit Entschwefelungsanlagen ausgestattet wurden und sich die Situation der Bodenversauerung -u. a. auch durch Kalkung -mittlerweile deutlich gebessert hat.



Wallfahrt gegen Borkenkäfer
Zum Abschluss der Forstexkursion wurde noch die Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt in Bogenberg besucht. Eine Besonderheit stellt die Holzkirchener Pfingstwallfahrt dar, welche seit über 500 Jahren durchgeführt wird. Anlass für den Beginn der Wallfahrt soll eine am Ende des 15. Jahrhunderts stattgefundene Borkenkäferplage gewesen sein. Die Wallfahrt, bei der eine 12 m lange Stange in die Kirche getragen wird, wurde 1518 erstmals schriftlich erwähnt.
Dipl.-Ing. Gottfried Schatteiner LK Salzburg

 
					